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Der innere Kosmos - Neue Einblicke ins Hirn via 3D-Atlas

Einblicke ins Hirn (Blidquelle: bigbrain.loris.ca)

In unserem Gehirn tummeln sich 100 Milliarden Neuronen in einer ca. 1,3 bis 1,5 Kilogramm schweren Masse aus grau-rosa Nervengewebe – eine Trillion Synapsen sorgt kontinuierlich für die Bildung temporärer Netzwerke. Das gigantische Kommunikationszentrum macht durchschnittlich 2% unseres Körpergewichts aus und benötigt rund 20% der täglich zugeführten Gesamtenergie, um seine Aufgaben zu erfüllen. Die Gesamtlänge aller Nervenbahnen eines Gehirns würde ausreichen, um 145 Mal um die Erde zu reisen.

Weder EEG noch Hirnscans oder mikroskopische Proben können diesen komplexen Kosmos in Gänze durchleuchten. Doch vor kurzem ist gelungen, was Neurowissenschaftler selbst für kaum machbar hielten.  

Dr. Katrin Amunts vom Forschungszentrum Jülich entwickelte gemeinsam mit ihrem Team und Wissenschaftlern der McGill Universität, Montreal, ein dreidimensionales, interaktives Modell des Gehirns. Die Basis des „Big Brain“-Projektes bilden 7.400 Gewebeschnitte aus dem konservierten Hirn einer 65-Jährigen – jedes Scheibchen nur 20 Mikrometer dünn. Bereits das Einscannen der Schnitte verschlang 1.000 Stunden, die Zusammensetzung der Bausteine konnten nur Supercomputer leisten.

Wie Amunts erläutert, können mit dem 3D-Atlas des Hirns größere Zellen direkt gesehen werden, insbesondere erkennt man die Struktur der Großhirnrinde in ihren architektonischen Merkmalen: Schichten oder Säulen. Charakteristika, die bezeichnend dafür sind, wie Verbindungsmuster in einer Hirnregion beschaffen sind, was wiederum eng mit der Funktion von Arealen und unserem Verhalten zusammenhängt. Warum Neuronen auf eine bestimmte Weise verteilt sind und welchen Einfluss die Muster auf unsere Hirnfunktion nehmen, konnte bisher nicht ausreichend erklärt werden.

Jetzt liegt erstmals eine detaillierte Karte des Hirns mit realen Daten und einer Auflösung von 20 Mikrometern vor. Den interaktiven BigBrain-Atlas kann man durchblättern und verschiedene Perspektiven punktgenau ansteuern. Neue faszinierende Erkenntnisse scheinen gewiss.  

Nachdem die grundlegende Zellarchitektur auf dem Radar ist, steht zukünftig die nächste Ebene zur Durchleuchtung an: die einzelnen Zellen. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Vorab stehen weitere Gehirne zur Umwandlung in 3D-Atlanten an. Denn jedes Hirn ist einzigartig. Um individuelle Unterschiede erkennen zu können, bedarf es mehrerer Karten – man darf gespannt sein, wie vieler ... Fest steht nur, dass die faszinierende Reise durch unseren inneren Kosmos längst nicht zu Ende ist.

Weiterführende Infos

https://www.youtube.com/watch?v=nJpFvQ0YZLk https://bigbrain.loris.ca/main.php http://www.sciencemag.org/content/340/6139/1472 http://www.spektrum.de/alias/hirnforschung/wir-haetten-nicht-geglaubt-dass-das-machbar-ist/1199370?_druck=1