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Journalismus im Wandel - die Zukunft der Printmagazine

Journalismus im Wandel - die Zukunft der Printmagazine

Print stirbt aus. Oder? Jein. Zu diesem Schluss kommen zumindest die Referenten des diesjährigen Future Summit Print 2014, zu denen auch Sebastian Haupt von Touchmore gehörte.

Theorie und Praxis sind seit Jahren gegensätzlich. So wird einerseits stets vorhergesagt, dass das Medium Print dem Tod geweiht sei und nicht mehr lange unter uns weilt. Andererseits schießen neue Magazine aus dem Boden wie Pilze im Wald. Ob Kochrezepte, Musik, Technik oder Reisen: Der Werkstoff Papier hat seine Liebhaber und ist allgegenwärtig.

Der Trick: Special Interest. Massenmedien verlagern sich zunehmend auf das Internet, während Nischen ihren Reiz vor allem in Papierform entfalten. So wurde im Jahr 2010 zum Beispiel Enorm  gegründet, ein Magazin für nachhaltige Wirtschaft. Heute - gute vier Jahre später - verzeichnet die Hamburger Redaktion eine verkaufte Auflage von 23.190 Exemplaren (Stand: 02/2014).

Auch die Musikwelt wurde kürzlich um ein neues Printmagazin bereichert: Deaf Forever. Wo alteingesessene Massenmedien den Markt zu dominieren scheinen, fand der Ruhrgebietsneuling eine unbesetzte Nische. Deaf Forever baut dem musikalischen - zumeist sehr jungen und damit Internet-affinen - Untergrund ein haptisches Nest und fungiert unter dem Motto „Metal und Hardrock für Überzeugungstäter!“.

Das wohl bekannteste Beispiel ist das Münsteraner Magazin Landlust, das seit 2005 verkauft wird und sich heute einer verkauften Auflage von 1.027.701 Exemplaren (Stand: 03/2014) rühmen darf. Damit gehört das Lifestyle-Magazin zu den auflagestärksten Printmedien in Deutschland und verzeichnet durch das Bedienen einer Nische immense Erfolge.

Dies passt zur Feststellung des w&v-Events Future Summit Print-Kolloquiums 2014. Dort wurde konstatiert, dass die Reichweiten im Großen und Ganzen zwar sinken und die meisten Leser auf das Internet ausweichen. Die Neugründungen der letzten zehn Jahre verzeichnen aber einen Reichweitenzuwachs von 4,3%. Die Frischlinge kompensieren also den Verlust.

Neben der Konzentration auf eine Nische ist in diesem Zusammenhang auch das haptische Erlebnis von großer Bedeutung. Vor allem Sebastian Haupt betonte die multisensorische Wirkung der Haptik, die einen großen Einfluss auf die Kaufbereitschaft hat. Er prophezeite: Das Medium Print werde nicht sterben, wenn es sich auf seine Stärken konzentriert - Glaubwürdigkeit und Emotionalisierung.

Aber ausschließlich Print? Nein, das ist auch nicht die Lösung. Facebook, Twitter und Co. sollten nicht vernachlässigt werden, sondern das Medium Print zu einem crossmedialen Erlebnis ergänzen. Das weiß auch Inspiring Network-Geschäftsführerin Katarzyna Mol-Wolf: "Ohne Internet und Digital möchte ich heute nicht mehr sein.“

Wie so oft liegt das Erfolgsrezept also in der goldenen Mitte: Das Social Web bietet Diskussionsplattformen, regen Austausch, schnell zugängliche Informationen und Nähe zum Leser. Hatte der Journalist früher eine Hoheitsstellung, begegnet er dem Leser heute auf Augenhöhe, kann sich mit ihm auseinandersetzen und seine Artikel zügig online veröffentlichen.

Berichte und Nachrichten werden aber nicht nur durch das bloße Lesen in unserem Gehirn verankert, sondern auch durch die Haptik des Blätterns. Einer der größten Vorteile des Prints ist die Single-Task-Eigenschaft. Das sorgt für geringere Ermüdung, besseres Textverständnis, größere Genauigkeit und höhere Lesegeschwindigkeit beim Leser.

Das Medium Print liegt also nicht auf dem Totenbett, wie vielerorts behauptet wird. Mit einer geschickten Verknüpfung der unterschiedlichen Kanäle gelingt eine hohe Reichweite.

Papier spricht die Sinne an, emotionalisiert und verankert vermitteltes Wissen. Dieses Wissen kann dann im Social Web diskutiert, vertieft und viral verbreitet werden – eine win-win-Situation für die Sinne.