Mitnichten, nein. Das glauben aber die Macher WDR Sendung „Forschung: Verführung durch Haptik. Die Tricks der Industrie“ vom 14. April 2014. Oder besser: Das wollen sie uns glauben machen. Und bedienten sich kürzlich dazu ausgerechnet des Haptik-Pioniers Karl Werner Schmitz.
Schmitz war zweifelsfrei auf kommerziellem Terrain in Deutschland der erste, der die Bedeutung der Haptik in Deutschland erkannte und sie verkaufsunterstützend für Finanzprodukte einsetzte - mit großem Erfolg.
Den wissenschaftlichen Lorbeer als Pionier bei der Erforschung des Tastsinns verdient sich übrigens der Leipziger Forscher Martin Grunwald, der mit seiner Expertise auch in der Produktberatung für die Wirtschaft tätig ist.
Das ist nicht ganz unbedeutend, denn beide - Schmitz wie Grunwald - nahmen frühzeitig Notiz voneinander, was das Sujet der Haptik außerordentlich befruchtet hat.
Auch der WDR verfügt in seinem Fundus über eine hervorragend aufgemachte Dokumentation zu unseren fünf Sinnen, die mit dem Fühlen und Tasten startet.
Nun profitiert auch der WDR und mit ihm die hiesige Fernsehgemeinde von den rar gesäten und daher auch schon hochdekorierten Edutainment-Fähigkeiten des Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeshwar, der komplexe Themen transparent aufbereitet und sie massenkompatibel verständlich auf den Punkt bringt, wobei er auch häufiger Erkenntnisse der Hirnforschung und deren Bedeutung für die alltägliche Praxis miteinfließen lässt.
Yogeshwar widmete sich auch schon 2012 dem Thema Tastsinn und Haptik.
Der Wissenschaftsjournalist des Jahres 2010 hat bezüglich der Aufbereitung seiner Themen den Kollegen aus der Investigativ-Abteilung bei ihrer nimmermüden Suche nach dem Stoff, der zum Skandal taugt, etwas voraus: er bleibt sachlich, verliert sich nicht ins Spekulative, schon gar nicht auf manipulatives Terrain.
Das sage ich aus eigener Erfahrung. Das Konzept, der Impetus einer Sendung, eines Interviews steht: jetzt braucht’s noch einen Experten. Dessen Aussagen werden alsdann aus dem Zusammenhang gelöst, verkürzt, Expertise zum "Zeugen der Anklage" bestellt.
So einfach geht das. In besagter WDR Sendung erleben wir dieses Strickmuster u.a. bei folgenden Szenen: 34:29 – 34:54, 35:18 – 36:00, ab 36:51 – 37:16 (Minutenangaben).
Nun ist die Haptik psychologisch gesehen aber unser Wahrheitssinn: Wir sind daran gewöhnt uns manches Mal zu versehen und zu verhören, aber subjektiv "verfühlen" wir uns nie. An diesem fundamentalen Sachverhalt kommen auch Produktdesign und Marketing nicht vorbei.
Denn nur darum geht es bei dem gezielten Einsatz von Haptik innerhalb des multisensorischen Marketings: Qualität als Distinktionsmerkmal im Wettbewerb erlebbar, immateriellen Nutzen fühlbar zu machen.
Wer das verstanden hat, schreibt bessere Zahlen durch überzeugte - und nicht etwa manipulierte - Kunden.
Daher auch an dieser Stelle der Rat an alle potentiellen Zuschauer: Vertrauen Sie ruhig weiter Ihrem Tastsinn, denn er unser verlässlichster Sinn.
Und an die Experten aus Neuromarketing und der multisensorischen Umsetzung: Zurückhaltung im Umgang mit dieser Art von Themenaufbereitung, wenn Ihre Expertise gefragt ist.
Wie es auch funktionieren kann, zeigt der Neuromarketing-Experte Achim Fringes, der seine skandallustigen Gesprächspartner einfach durch den Gebrauch der "wir"-Form mit ins Boot nimmt und so der Sendung zu einem unerwarteten informativen Qualitätssprung verhilft.