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Der Haptik-Effekt-Blog
von Touchmore

Das Huel Experiment

Ein Musterbeispiel für gelungenes, haptisches Marketing

Das Huel Experiment Das Huel Experiment

Quelle: huel.com

Die Coronakrise bewegt eine wachsende Zahl an Home-Office-Workern dazu, ihre Ernährung in Frage zu stellen. Wir haben einen Ausflug zum Endpunkt dieser Überlegungen unternommen und ein Starterpaket „Huel“ bestellt - der Marktführer unter den Instant-Pulvermahlzeiten. Wir stießen auf ein Musterbeispiel für gelungenes, haptisches Marketing.

„Huel“ sieht aus wie grob gemahlenes, beiges Mehl. Es besteht aus einer wasserlöslichen Mixtur von Getreidesorten mit Mineralienzusatz, als Diät- oder Zwischenmahlzeit für Leute, die auch sonst zu selten kochen. Wer seinen Freunden oder gar seiner Mutter beichtet, er habe Huel (Kollegenspott: „Hipsterbrei“) bestellt, sieht sich jedes Mal mit demselben kritischen Standard-Fragenkatalog konfrontiert. Hier sind die Antworten.

Huel ist ausgewogene, gesunde Ernährung - und sogar vegan! (Kurze Pause). Ja, ideal wenn man zu faul zum Einkaufen, Kochen, Abspülen und Müll Raustragen ist. Ein Euro sechzig pro Mahlzeit. Es schmeckt so beige, wie es aussieht. Mit dezentem Vanillezusatz, „nicht schlecht“. Man gewöhnt sich dran.

Diese Beschreibung zeigt: Aus Marketing-Perspektive ist Huel (korrekt ausgesprochen mit gehauchtem f) eine Herausforderung. Nichtssagend und erklärungsbedürftig, um die Attraktivität zu verstehen – es liegt also am Branding, uns an just diesen Futternapf zu treiben.

Es gibt dutzende ähnliche Anbieter am Markt für Astronautennahrung. Doch nur Huel sieht auch tatsächlich aus wie Astronautennahrung. Das Firmenlogo, keck um 90 Grad gekippt, ist eine Frontalkollision von „h-uman“ und „f-uel“. Es erscheint in strengem Helvetica Bold – der „Jeep“ der Ernährungsbranche, robust und kosteneffizient. Haptisches Marketing ist die taktile und motorische Übersetzung des Markenversprechens in die Welt der Dinge, Oberflächen und Bewegungen.

Kommen wir also zur Sache: Verpackung und Inhalt. Der Lieferkarton ist kompakt und stabil, aus präzise bedruckter natur-brauner Pappe – das suggeriert Lagerlogistik und effizientes Shipping. Einmal aufgeklappt offenbart sich: Ordnung. Kein Quadratzentimeter ist verschenkt, alle Elemente sind aufrecht an ihrem Platz, alles ist klinisch rein.

Im Lieferumfang enthalten: Zwei silberglänzende, große Siegelbeutel. Eine Schachtel mit Teebeutel-großen Geschmackszusätzen, mit farbcodierten Rechtecken markiert. Spätestens hier verankert sich im Unterbewusstsein: Huel bedeutet medizinische Qualitätsstandards, Plug and Play, „nutritionally complete food“ - und das steht auch drauf; nur das. Wir spüren, wie ein Ernährungsproblem, modern und fast rückstandsfrei gelöst wird.

Gratis beigelegt: Eine Schüttel- und Trinkflasche aus halbtransparentem medizinischem Kunststoff. Halten wir inne und bemerken, dass diese Flasche ab jetzt bis zu sechs mal täglich in die Hand genommen werden wird. Und es ist eine Freude, sie zu greifen. Anschmiegsam, irgendwie immer kühl, robust aber leicht, unverkratzbar, mit diesem ikonischen Logo in schwarz.

Macht sich schick in jeder Küche, auf dem Bürotisch, sogar neben dem Bett – auf so was stößt man nicht aus Zufall; auf Besseres auch nicht. Diese Flasche bleibt beim Kunden, jahrelang. Huel liefert sogar eine naturbraune Papiertüte dafür mit, als augenzwinkernde Referenz an die Lunch Bags, in der sonst die Butterbrote von Muttern waren. Who‘s your mama now? Chapeau.

Außerdem: Eine als Magazin gelayoutete Broschüre im Querformat, schweres Papier; halb Gebrauchsanweisung, halb Upsell Pitch auf das Jahresabo. Das ginge mit Logoloop sicher besser, aber gut … . ;-)

Und als Begrüßungsgeschenk beigelegt: Ein gebrandetes T-Shirt, dunkelgrau, schwerer Baumwolljersey, umfließt in XL schmeichelhaft den, ahem, Bauchbereich, sehr hip, geht auch unterm Jackett. Das perfekte Präsent für die Kernzielgruppe – zu zwei Dritteln Männer, viele aus dem IT- und Startup-Sektor ... die wissen die Erweiterung ihrer Alltagsgarderobe sicher zu schätzen.

Kurz: So hätte Steve Jobs verpackt, wenn man iPhones essen könnte. So funktioniert haptisches Marketing in der Praxis. So arbeiten Profis.

Und das ist der Grund, warum wir auch nach der Coronakrise weiterhin Huel im Haus behalten werden. Nicht, weil wir jeden Tag nur noch minimalistische Instant-Mahlzeiten essen. Sondern weil wir, wenn wir schon minimalistische Instant-Mahlzeiten essen, bitteschön die besten, hipsten und minimalistischsten Instant-Mahlzeiten der Welt essen wollen. Und nicht irgend so ein Pulver aus einem Pappkarton.

https://de.huel.com/