In einer audiovisuell überreizten Werbewelt erreichen uns täglich tausende Werbebotschaften, doch nur wenige davon berühren uns. Die Folge: Marken kämpfen gegen abnehmende Werbeeffizienz, mangelnde Differenzierung und sinkende Glaubwürdigkeit.
Trotzdem stechen immer wieder Kampagnen erfolgreich hervor; besonders solche, die es schaffen, eine Marke oder die Kampagnenbotschaft crossmedial zu vernetzen und in einem Objekt als Symbol zu verdichten.
Hornbach beispielsweise schmiedete aus dem Stahl eines ausgedienten Panzers 7.000 Hämmer – begleitet von einer groß angelegten, multimedialen Kampagne. Innerhalb von nur drei Tagen war der 25 Euro teure Panzerstahl- Hammer ausverkauft, und innerhalb dieser Zeit verdoppelte Hornbach seinen Jahresabsatz im gesamten Hammer-Sortiment.
Die Psychologie der Haptik
Darüber hinaus machte die Kampagne das archetypische Werkzeug zum Hornbach-Symbol – ein Destillat der Marke: Topqualität, gewürzt mit Leidenschaft und einer Prise Wahnsinn. Warum ein einfacher Hammer eine derartig starke Werbewirkung entfaltet, liegt in der Psychologie der Haptik begründet.
Menschen haben eine besondere Beziehung zu Objekten. Schon als Baby verknüpfen wir die Dingwelt mit Emotionen und Assoziationen. Kein anderer Sinn ist so eng mit unserer emotionalen und kognitiven Entwicklung verbunden wie der Tastsinn. Was wir berühren können, begreifen wir schneller und wir erinnern uns besser daran.
Diese Effekte treten sogar auf, wenn wir uns nur vorstellen, etwas zu berühren. Darüber hinaus ist der Tastsinn unser Wahrheitssinn. Wir können uns verhören und versehen, aber ein “verfühlen” kennen wir nicht. Matrosen klopften einst auf die hölzernen Segelmasten und überprüften damit deren Stabilität für eine sichere Reise.
Die Ureinwohner Amerikas betasteten die sonderbaren Wassergefährte hingegen, weil sie ihren Augen nicht trauten. Bischöfe salbten Könige und übertrugen ihnen durch das Berühren die Gnade Gottes. Ihre Macht demonstrierten die auf den Thron Erhobenen mit prunkvollen Insignien der Macht: die goldene Krone auf dem Kopf, in der Hand das schwere Zepter. Die Objekte machten ihre Autorität wahrhaftig, greifbar und damit glaubwürdig.
Menschen verdichten auch heute noch komplexe Erfahrungen und Erinnerungen automatisch in Gegenständen – das Strandfundstück aus dem ersten gemeinsamen Urlaub, die signierten Fan-Devotionalie oder auch Familienerbstück, halten Erinnerungen wach und besitzen einen Wert, der weit über das Materielle hinaus geht. Auch Marken, die ihre Botschaft mit Hilfe von Gegenständen vermitteln, profitieren von dieser innigen Beziehung von Mensch und Objekt, die psychologisch in jedem tief verankert ist.
Werbeartikel haben verschiedene psychologische Wirkungen, die unsere Urteile über Marken und unser Verhalten stark beeinflussen – beispielsweise durch den Besitztums-Effekt: Was wir in unseren Händen halten und was wir berühren, das nehmen wir psychologisch in Besitz, wodurch der subjektiv wahrgenommene Wert schon nach 20 Sekunden längerer Berühung um mehr als 50% steigt (Wolf et al. 2008).
Das gilt auch für die mit einem Objekt verbundene Marke. Haptische Eigenschaften strahlen unbewusst auf die wahrgenommene Qualität und Glaubwürdigkeit einer Marke ab, ganz nach dem Motto: Was sich gut anfühlt, ist auch gut.
Die Wahrnehmungsforschung bestätigt seit einigen Jahren das, was erfolgreiche Marketing -Praktiker schon lange wissen: haptische Werbemedien bieten großes Potenzial zur Differenzierung von Marken und Unterstützung des Verkaufs. Richtig eingebettet in den Marketing-Mix, entfalten Werbeartikel die ganze Kraft des Haptik-Effekts.
Deshalb werden sie heute immer häufiger als „Hapticals“ bezeichnet. Hapticals erzeugen Aufmerksamkeit, stärken Kundenbeziehungen, verankern Markenbotschaften im Gedächtnis, machen Nutzenversprechen und Markenwerte erlebbar, erhöhen Response und Kaufbereitschaft.
Hapticals: gehirngerechte Kommunikation
Ein Haptical kommuniziert nicht nur haptisch, sondern immer auch optisch sowie durch seine Funktion. Abhängig von der Kategorie sprechen Hapticals auch weitere Sinne an: Geschmack, Geruch und Gehör. Damit bedienen Hapticals perfekt die multisensorischen Arbeitsweise des Gehirns. Die Gehirnforschung zeigt, dass mit jedem zusätzlich angesprochenen Sinn die Nervenzellen im Gehirn zehnmal stärker feuern – die Gehirnaktivität steigt um 1.000 Prozent. Gut beraten ist, wer sich das zu Nutze macht.
Der Großteil der Informationen wird bei einem haptischen Kontakt unterbewusst, im impliziten System des Gehirn verarbeitet. Dieses implizite System – der sogenannte Autopilot – verarbeitet 11 Millionen Bits pro Sekunde. Unser Pilot, das Bewusstsein, verarbeitet dagegen nur etwa 40 Bits in der gleichen Zeit.
Bis zu 95% der Kaufentscheidungen werden unterbewusst getroffen und im Nachhinein rationalisiert. Man kann also sagen: Der Bauch entscheidet, der Kopf rechtfertigt. Hapticals als multisensorische Markenbotschafter sind ein direkter Draht zum Autopiloten Ihrer Kunden und bilden dort Markenpräferenzen aus und unterstützen Kaufentscheidungen.
Klasse schlägt Masse
Hapticals sind echte Superkommunikatoren und Wirkverstärker für Ihr Marketing – richtig angewandt funktionieren sie ähnlich wie eine Brausetablette, die das Wasser im Glas sprudeln lässt. Sie verstärken die Wirkung jeder Marketingmaßnahme, in deren Kontaxt sie zum Einsatz kommen.
Wie das Eingangsbeispiel des Hornbach-Hammers zeigt: Qualität ist Trumpf! Ein China-Hammer hätte im Rahmen der Kampagne nicht den gleichen Effekt erzielt. Er hätte die Marke sogar eher beschädigt.
Psychologische Studien zur Kundenzufriedenheit bestätigen diesen Grundsatz. (Rupert & Wolford, 2008) Studienteilnehmer erhielten als Preis in einem Gewinnspiel entweder eine Gratis-DVD mit einem erstklassigen, oscarprämierten Film oder einen mittelmäßigen Streifen. Daneben gab es auch eine dritte Empfängergruppe, die sich über gleich 2 DVDs freuen durfte.
Die Zufriedenheitsanalyse brachte Verblüffendes an den Tag: erwartungsgemäß waren die Empfänger des einzelnen B-Films am wenigsten beglückt. Überraschung aber bei den beiden anderen Empfängergruppen: Zufriedenheitsspitzenreiter war im Vergleich nicht die doppelt bedachte Gruppe, sondern die mit nur einem oscarprämierten Film Belohnten. Auch bei der Auswahl von Hapticals sollten Sie immer berücksichtigen: Klasse schlägt Masse!
Touch! Der Haptik-Effekt im multisensorischen Marketing
Drei Jahre, zwei Laptops, 609.680 Zeichen, ein Hektoliter Kaffee, 156 Studien sowie rund 500 Telefonate und Interviews mit den führenden Agenturen, Wissenschaftlern und Marketingexperten der Welt: Das sind die Zutaten von Touch! – der ersten umfassenden Wirkungsbeschreibung der Haptik im multisensorischen Marketing.
Mit Touch! begreifen Sie Marketing neu. Sie lernen, wie stark der Tastsinn unbewusst unsere Wahrnehmung beeinflusst und wie essenziell die Haptik für Ihren Marketingerfolg ist. Touch! sorgt mit aktuellen Erkenntnissen der Neurowissenschaften, der Psychologie und Wahrnehmungsforschung für „Aha“-Erlebnisse, erklärt das große Potenzial multisensorischen Marketings und macht es systematisch anwendbar.
Touch ist erschienen im Haufe Verlag: ISBN Nr. 978-3-648-07938-6