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Der Haptik-Effekt-Blog
von Touchmore

Embodiment und haptische Codes

Unser Hirn braucht körperliche Rückmeldungen

Eine junge Frau hält sich mit einem verschmitzten Lächeln die rechte Hand vor dem Mund. In den linken Hand hält Sie einen Kaffee Becher.

In unserem Blog haben wir uns schon wiederholt mit dem Phänomen des so genannten Embodiments und der Tiefendimension haptischer Codes beschäftigt.

Mit Embodiment wird der wechselseitige Einfluss von physischer Wahrnehmung und abstrakter Psyche auf einen wissenschaftlichen Begriff gebracht. Als Äquivalente würden wir in unserer Muttersprache von Verkörperung oder auch Leiblichkeit reden.

 Ein zentrales Ergebnis der Embodiment-Forschung: Unser Körper, seine Haltungen und Bewegungen nehmen Einfluss auf unsere Stimmungen, unser Gefühl und auch unser Denken. Viele Studien beweisen inzwischen, dass Emotionen und mentale Prozesse eng mit körperlichen Empfindungen verknüpft sind.

Embodiment und haptische Codes

Einen maßgeblichen Einfluss übt dabei unser Tastempfinden aus. So können beispielsweise leichte oder schwere Gegenstände unbewusst mit Wertigkeit assoziiert werden - je schwerer, desto mehr wert oder im übertragenen Sinne auch umso wichtiger und bedeutender.

Ob wir unseren Gesprächspartner als sympathisch empfinden oder ob er uns eher kühl lässt, kann schon davon abhängen, ob wir ein Heiß- oder Kaltgetränk in Händen halten. Ein unbewusster Übertragungseffekt, der mittlerweile in diversen Undercover-Studien gezeigt werden konnte. Die Wirkung der haptischen Codes „sehr warm - kalt“ zur Bewertung sozialer Situationen blieb nie aus - ob bei der Bewertung von Portraits oder realen Gesprächspartnern.

Aber auch wie wir uns selber empfinden und fühlen, hat sehr viel mit Embodiment zu tun. Psyche und Körper interagieren pausenlos miteinander.

Wenn Haltung zu Emotion wird

Das Wissen um diese enge Verbindung öffnet die Tür zu konstruktiven Strategien, die sowohl den Erfolg beflügeln als auch die eigene Entwicklung fördern. Denn Körperhaltung kann tatsächlich zu Emotion werden. Ob in Vertrieb oder Marketing, bei Vorträgen oder im Vorstellungsgespräch: Wer auf seine Körpersprache achtet, ist im Vorteil.

Um überzeugend Selbstbewusstsein auszustrahlen und sich gleichzeitig damit aufzuladen, kann u.a. das Power-Posing helfen: expansive Körperhaltungen wie beispielsweise breitbeiniges Stehen mit in die Hüften gestemmten Armen. Vor wichtigen Terminen alleine praktiziert, beeinflusst diese Übung auch die anschließend von den Außenstehenden wahrgenommene Stärke des Selbstbewusstseins signifikant, wie zahlreiche Tests übereinstimmend ergeben haben.

Tiefere Einblicke in die Welt des Embodiments zu nehmen, kann auch für das bewusste Steuern des eigenen Wohlbefindens Wunder wirken. Nervosität zum Beispiel zeigt sich oft durch Mikrorhythmen im Körper, z.B. das nervöse Trommeln der Finger auf Tischplatten oder das Wippen mit dem Fuß.

Schon die bewusste Reduktion der Geschwindigkeit reguliert die Negativfaktoren der Aufregung: stressauslösende Situationen werden schneller wieder überschaubar, Lösungen geraten in Sichtweite, der Flow rückt wieder in Greifweite.

Achtsamkeit für sich selbst

Die Achtsamkeits-basierte Forschung weist auch der Atmung einen besonderen Stellenwert zu. Den Atem gleichmäßig, in gemäßigtem Tempo fließen zu lassen hat eine beruhigende Wirkung. Atmet man länger aus als ein - beispielsweise fünf Sekunden Einatmen, zehn Sekunden Ausatmen - wird der Parasympathikus stimuliert, und damit der Bereich des Nervensystems, der für die Entspannung zuständig ist. Diese Übung hilft sogar, schneller einzuschlafen.

Vor dem Hintergrund der Embodiment-Forschung: Finger weg von Botox! Denn die Gesichtsmuskulatur schickt unmittelbar Feedbacks an haptische Verarbeitungsareale des Gehirns, auch von Mikrobewegungen.

Botox bremst Gefühle ein, da es die Gesichtsmuskulatur lähmt. Mit der Fähigkeit, die Stirn in Sorgenfalten zu legen, verschrumpfen beispielsweise auch unangenehme Emotionen wie Ärger, Unbehagen, Skepsis. Interessanterweise kann Botox in einer negativ aufgeladenen Gefühlswelt auch positiv wirken - nach neusten Forschungsergebnissen mildert es Depressionen.

Sobald die Denkerstirn gefragt ist, erweist sich das Nervengift allerdings wieder als kontraproduktiv. Denn die höchst beweglichen Stirnmuskeln unterstützen auch unser kritisches Bewusstsein. Beispielsweise können Texte, die Ärger oder Besorgnis kommunizieren, schlechter einsortiert und identifiziert werden, wenn die Stirnmuskeln nicht mehr einsatzfähig sind.

Die Forschungen zum Phänomen des Embodiments, zum engen Verweischarakter von Körperlichem und Abstraktem, markieren eine noch relativ junge Disziplin. Sascha Topolinski, Psychologe an der Universität Würzburg, ist sich dennoch sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Denn die Anzeichen verdichten sich, dass die grundlegende Arbeitsweise des Gehirns eng mit der Materie vernetzt ist: „Für die Wahrnehmung der Welt nutzt es Konzepte und Vorstellungen von konkreten Gegenständen - und um die erzeugen zu können, scheint es körperliche Rückmeldungen zu benötigen.”