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Der Haptik-Effekt-Blog
von Touchmore

Handzeichen sind mehr als Redeschmuck

Dr. Christian Scheier (Bildquelle: Multisense Institut)

Schon unsere urzeitlichen Vorfahren nutzten Gesten als Kommunikationsmittel. Je nach Temperament und kultureller Zugehörigkeit reden Menschen bis heute mit Händen und Füßen oder auch  sparsam akzentuierter Gestik. Wie eng Kommunikation an Bewegung geknüpft ist, kann man eindrucksvoll bei Kleinkindern beobachten, deren noch ungezähmter motorischer Mitteilungsdrang vom ausgestreckten Zeigefinger im Sekundentakt bis zum Ganzkörpereinsatz reicht. Wenn der Nachwuchs bäuchlings mit Fäusten und Füßen auf den Boden trommelt, erschließt sich die Bedeutung auch ohne Nachfrage.

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass unsere Sprache aus gestischen Kommunikationssystemen entstanden ist. Eine symbiotische Verbindung, die auch dem Zahn der Zeit zu widerstehen scheint. In einer Kooperationsstudie von niederländischen und US-Forschern zeigte sich, dass z.B. der Anblick eines Löffels, der Zucker in den Kaffee rührt, wenig Wirkung auf das Sprachverständnis des Hirns hat. Allerdings umso mehr, wenn das Umrühren keine real ausgeführte Tätigkeit war, sondern nur symbolisch als Geste angedeutet wurde. Wie weitere Untersuchungen belegen, erwartet unser auditives System eine Ansprache zu hören, sobald wir eine Geste sehen.

Der Ursprung der Verhaltensverbindung von Sprache und Handbewegung reicht laut Prof. Andrew Bass von der Cornell University, New York, bis in die Tiefen ozeanischen Lebens zurück. Wie diverse Studien belegen, basieren die neuronalen Netzwerke für die komplexeren Stimm- und Brustmechanismen im Dienste sozialer Nachrichtenübermittlung in den Hirnen von Vögeln und Säugetieren auf einer singulären Entwicklungsabteilung in den Hinterhirnen der Fische.

„Die Gliedmaßen des Brustkorbes – Flossen und Vordergliedmaßen – werden vor allem für Bewegung gebraucht. Gleichzeitig haben sie in sozialer Kommunikation den Zweck, Geräusche zu produzieren, von denen wir als nicht vokalische Schallsignale sprechen, oder gestische Signalübertragung zu initiieren.“

Ein wichtiger Baustein für die Entstehungsgeschichte der Sprache und gleichzeitig ein neuerliches Indiz dafür, wie wichtig die haptische Dimension für die Entwicklung von Bewusstsein und Denkvermögen ist. Gesten legen einen kommunikativen Grundstock, können Worte unterstreichen, akzentuieren, emotional interpretieren, zudem Erinnerungen und Ideen wecken, abstrakte Begriffe in einen logischen Wortfluss bringen ... vielleicht auch hilfreich sein, um Sprachhandicaps besser zu meistern oder eine Fremdsprache zu lernen.

Als implizite, tief verankerte Codes können sie zudem die Werbekommunikation bereichern – mit Botschaften in einer Nussschale, denn manche Gesten sprechen Bände.