Da hat er mal wieder einen rausgehauen, der gute Thomas Koch alias Mr. Media in der w&v. Und gleich die ganze Online-Werbung zu Grabe getragen. Den aufflammenden, bisweilen auch emotionalen Widerspruch hat er als Profi natürlich einkalkuliert.
Manchmal muss man eben etwas dicker auftragen. Nur so findet eine nachdenkliche Stimme inmitten von Buzzword-Geklingel und Werbesprech überhaupt Gehör.
Worum geht es? In den 20 Jahren zwischen 1995 und 2015 haben sich die Etats für digitale Werbeformen in astronomische Höhen geschraubt. Allein in Deutschland werden dieses Jahr 1,7 Milliarden Euronen ins digitale Nirvana gepumpt.
Nirvana? Großes Schwarzes Loch Online-Werbung? So krass versteigt sich Mr. Media dann doch nicht. Doch er legt den Finger in die übergroße Hype-Wunde.
Nicht umsonst tobt in den USA seit 2 Jahren eine mit harten Bandagen geführte Diskussion. Dabei geht es schlichtweg um einen großangelegten Betrug innerhalb der Online-Werbung. Die große Online-Abzocke, die allein die US-Industrie in 2013 um 7,5 Milliarden Dollar erleichtert haben soll.
Wie das? „Über die Hälfte der Online-Werbemittel wird niemals an Menschen ausgeliefert und ein signifikanter Anteil der ausgelieferten Werbung war niemals sichtbar.“
Genau da liegt das Problem: Wir leben zwar im Transparenzzeitalter, aber die Werbeform Online ist gänzlich intransparent. Werbliche Online-Kommunikation ist offensichtlich großteils Bot-Kommunikation. Roboter, Algorithmen schalten und walten, erzeugen die harte Traffic-Währung der so genannten Ad Impressions.
Hans Christian Andersen lässt grüßen
Und wenn die Hälfte oder gar mehr meiner Online-Werbung von Bots „gesehen“ wird, kann ich mir herzlich wenig dafür kaufen. Roboter konsumieren nämlich – noch – nicht. Und das Schlimmste daran: die Rede ist dann von organisiertem Betrug.
So dreist und unverfroren, dass Begriffe wie „Easy Credit“ mit neuem Inhalt gefüllt werden: zinslos, alles gestundet. Oder auch „Smart Phishing“ – Geld wie Heu, nach Heuschreckenart. Nur alles viel leichter. Easy und smart eben. Der Kunde hat’s ja, also her damit!
Die Diskussion aus den USA hat Deutschland zwar noch nicht erreicht. Das ändert aber nichts an den vergleichbaren Strukturen und Zuständen. Verständlich, dass sich hier niemand so recht an dieses heiße Eisen heranwagt.
Die Agenturen und Publisher nicht, weil sie ihre Cash-Cow nicht schlachten mögen. Die Kunden nicht, weil sie nicht so entsetzlich dumm dastehen wollen. Es ist ein wenig wie bei „Des Kaisers neue Kleider“, nicht wahr? Hans Christian Andersen hat sein Märchen 1837 veröffentlicht. Seither hat sich offensichtlich im Grundsätzlichen herzlich wenig gewandelt.
Thomas Koch verweist überdies auf „das verheerende Nachlassen der Online-Performance auch in Deutschland, wie wir sie mit neuerdings kolportierten 0,02 Prozent durchschnittlichen Click-Through-Raten derzeit erleben.“
Das ist fürwahr eine elektrisierende Zahl. So bizarr schlecht, dass die heiße Luft aus dem Online-Werbesprech mit einem Knall entweicht.
Zu guter Letzt: „Aufhören wird diese in der Werbegeschichte einmalige Geldvernichtung nur dann, wenn die zahlende und betroffene Kundschaft etwas unternimmt.“
Gut gebrüllt, Thomas Koch!! Wir von Touchmore legen noch einen drauf: Werbt haptisch, Leute. What you feel is what you get.
Greifrate statt Clickrate – und Dein Geschäft rollt.