Weihnachtszeit, alle Jahre wieder das multisensorische Spektakel, die volle Dröhnung, nicht selten über die Grenze des Erträglichen. Hochwillkommen sind jetzt Inseln der Besinnlichkeit – gerne bei einer der häufiger werdenden Einladungen zu einem gemeinsamen Essen. Mit der Familie, mit Freunden, auch Geschäftsfreunden.
Bei einer dieser Gelegenheiten in einem der feineren Genusstempel, umflort von erlesensten Speisen, ihren Gerüchen und durchaus geschmackvoll arrangierter, dezenter Musik, kam mir das Crossmodal Research Laboratory von der Universität Oxford in den Sinn.
Die Kollegen dieses durchaus bekannten Labors unter der Leitung von Charles Spence, Professor der Experimental-Psychologie, widmen sich der Erforschung unserer fünf Sinne, genauer: wie diese miteinander interagieren: Berühren, Schmecken, Riechen, Sehen und Hören.
Eines der jüngeren Experimente befasst sich mit dem Einfluss von Musik auf unser Geschmackserlebnis beim Essen. Wir alle wissen doch: Zitronen schmecken sauer, Bonbons süß und Kräuterlikör bitter. Oder?
Charles Spence und seine Kollegen haben diese vermeintlichen Gewissheiten zwar nicht widerlegt, aber zumindest erschüttert.
Das Team hat nämlich herausgefunden, dass unsere Sensorik derartig fein zusammenarbeitet, dass der eine Sinn den anderen stark beeinflussen kann.
So dienen Klänge nicht nur der akustischen Wahrnehmung unserer Außenwelt, sondern sie können auch unseren Geschmackssinn verändern.
Hohe Töne sorgen beispielsweise dafür, dass wir Speisen als süßer oder saurer wahrnehmen, während tiefe Frequenzen für ein vollmundigeres oder bittereres Geschmackserlebnis sorgen. Diese Kohärenz ist allerdings eine Einbahnstraße. Schlechte Musik ist also auch dann noch schlecht, wenn sie von leckerem Essen begleitet wird.
Zur Manifestierung dieser These führten Spence und seine Forscher ein Experiment durch: Einige Probanden sollten ein Stück Toffee probieren. Dabei wurden ihnen einmal höhere Töne vorgespielt und beim nächsten Mal tiefere.
Das Stück Toffee blieb natürlich identisch. Anschließend berichteten die Personen von zwei unterschiedlichen Geschmackseindrücken: Die höheren Töne hatten tatsächlich für ein süßeres Stück Toffee gesorgt, die tieferen ließen das Dessert bitterer schmecken.
Die Möglichkeiten im Marketingbereich sind vielfältig. So ging Spence zum Beispiel eine Kooperation mit der Künstlerin Caroline Hopkinson ein und entwarf mit ihr den Sonic Cake Pop, der im House of Wolf angeboten wurde, einem experimentellen Restaurant in London.
Dabei handelt es sich um ein süßsaures Toffee mit Schokoladenmantel, das mit einem Telefon serviert wird. Wählt man die 1, kann man ein süßes Dessert genießen. Drückt man auf die 2, schmeckt der Nachtisch bitter.
Die Restaurantgäste gaben im anschließenden Fragebogen eine Geschmacksveränderungsrate von 5-10% zu Protokoll. Dieses Ergebnis geht mit dem Experiment konform, dass Spence und seine Teamkollegen durchführten.
Es ergibt also durchaus Sinn, die Hintergrundmusik dem Angebot des Restaurants anzupassen und Eiscreme von hochtonlastiger, italienischer Folklore untermalen zu lassen. Die griechische, vollmundige Küche verlangt hingegen basslastigere Klänge.
Besonders interessant: Kann man Menschen mit Hilfe von Musik oder Klangcollagen für gesündere Ernährung begeistern? Ausgehend von genau dieser Fragestellung wird momentan geforscht.
Die multisensorische Kombination von Geschmack und Gehör könnte also nicht nur auf die eigene Marketingstrategie einzahlen, sondern auch auf etwas viel Essentielleres und Grundlegenderes: die Gesundheit unseres Körpers.
In diesem Sinne wünschen wir vom Touchmore-Team Ihnen be-sinnliche Feiertage und ein erfolgreiches, gesundes 2015!