Haben Sie schon einmal versucht, einem Dreijährigen die Funktion eines Hammers zu erklären? Trotz beredter Worte werden Sie wahrscheinlich fragende Augen ernten.
Drücken Sie ihm stattdessen den Stiel in die Hand, können Sie sich weitere Worte vermutlich sparen. Junior wird das Werkzeug intuitiv erfassen und blitzschnell seine Schlagkraft entdecken ...
Ihr Job bleibt dann die Schadensbegrenzung. Falls der schöne irdene Übertopf von Tante Irene bereits über den Küchenboden verstreut ist – trösten Sie sich. Ein anschauliches Beispiel, unterfüttert mit eigener Erfahrung, erleichtert ungemein das Verständnis – ein Leben lang.
Bei einer langfristigen Studie an französischen Grundschulen entdeckten die Forscher, dass die Kinder anhand haptischer Buchstaben aus Plastik schneller und besser das Lesen und Schreiben lernen, als wenn sie das ABC nur sehen, hören und malen.
Ebenso ist belegt, dass Kinder, die ihre Finger beim Rechnen lernen zu Hilfe nehmen, bessere Fortschritte machen. Beim Studienprojekt „Mathe mit der Matte“ setzten die Forscher auf haptische Lernmedien: Erstklässler lernten bei Hüpfspielen auf der digitalen Matte, Zahlenwerte einzuordnen – ein Sprung nach rechts für größer, ein Sprung nach links für kleiner als die benachbarte Zahl. Das Ergebnis: Wer mit Hüpfmatte gelernt hatte, war hinterher besser im Zählen.
Auch ältere Semester profitieren vom Lernschub via Bewegung.
In einem neurowissenschaftlichen Experiment sollten Studenten Namen und Funktionen von 68 Phantasieobjekten lernen. Die Teilnehmergruppe, der zu den Bildern der so genannten „Nobjects“ eine Handbewegung beigebracht wurde, schnitt in allen Testbereichen besser ab: Sie war schneller, erinnerte sich präziser und umfassender als die Vergleichsgruppe ohne haptische Lernhilfe.
Wie würden Sie ihrem nicht technikaffinen älteren Kollegen ein Smartphone erklären?
Bewegungsformen und ihre Bedeutung prägen sich schon früh in unser haptisches Gedächtnis ein – noch bevor wir das erste zusammenhängende Wort über die Lippen bringen.
Wir lernen die Welt kennen, indem wir sie buchstäblich begreifen. Gleichzeitig ergreift uns, was wir ergreifen. Jede Bewegung, jede Berührung zündet haptische Codes.
Zwischen den sensorischen Verarbeitungszentren, unseren unbewussten Prägungsmustern und der kognitiven Zentrale verlaufen fließende Grenzen ... haptische Muster sind omnipräsent ... ob wir lernen, nachdenken oder uns erinnern.
Denken Sie den Begriff Hammer, werden im Gehirn auch blitzschnell die entsprechenden haptischen Verarbeitungszentren aktiviert – vom generellen Bewegungsablauf bis zu einzelnen Einsatzsituationen. Die Haptik schlägt die Brücke in fass- und handhabbare Realität – authentisch und glaubwürdig.
Sie möchten neues Wissen besser behalten und schnell wieder abrufen können? Lernen Sie mit geballten Fäusten. Druck auf rechts unterstützt das Einprägen, Druck auf links beschleunigt das Hochladen der Information.
Die Haptik als primärer Sinn stimuliert unser Denken weitaus stärker als bisher gedacht. Jeder Griff, jede Bewegung beeinflusst – meist unbewusst – unsere Gefühle und Gedanken – aktiviert einen gigantischen haptischen Musterspeicher, der seinerseits auf unser Denken wirkt. Ein wachsendes Forschungsfeld ...
Beispielsweise zum Thema Kreativität. Wie lautet Ihr Tipp? Was bringt Ideen besser in Fluss: das Zeichnen von runden oder von viereckigen Formen? Die Teilnehmer einer US-Studie lösten nach der Kreativsession einen Kreativitätstest – deutlich inspirierter, wenn sie zuvor mit beschwingten Händen runde Formen zu Papier gebracht hatten.
Vor diesem Hintergrund beflügelt Haptik auch Werbung und Verkauf. Ob abstrakte Botschaften oder neue Produkte – haptische Werbemedien und Verkaufshilfen machen fassbar, wovon wir uns sonst mühevoll einen Begriff machen müssen.
Zugleich weckt das konkret Greifbare Vertrauen, denn was wir mit eigenen Händen fassen können empfinden wir als authentisch und glaubwürdig, zugleich prägt es sich tiefer und nachhaltiger ein.