So angesagt das Thema ist – fundiertes Wissen aus der Hirn- und Sinnesforschung ist auch in der Kommunikationsbranche noch die Ausnahme. In der Regel wurden und werden Studienerkenntnisse akzentuiert, die sich – zumindest auf den ersten Blick – nahtlos Marketingzielen assimilieren lassen. Prominentes Beispiel: der Nucleus accumbens, auch als Lustkern bekannt, und anfangs in Verdacht, als „Kaufknopf“ im Hirn zu fungieren.
Dieser Hype hat sich mittlerweile wieder gelegt. Denn in zahlreichen späteren Experimenten wurde nachgewiesen, dass der Nucleus accumbens auch bei diversen negativen Emotionen aktiviert wird. Leuchtet er unterm Hirnscanner auf – beispielsweise während den Probanden eine neue Verpackung gezeigt wird – ist der Rückschluss auf positive Assoziationen schlicht zu einfach und bedarf tieferer Analyse. Unser Gehirn und seine Arbeitsweise scheinen zu komplex für simple Antworten zu sein.
Auch ein Grund dafür, dass Neuromarketing zwar eine grandiose Zukunft vorausgesagt wurde, sich das Interesse auf Seiten potentieller Anwender allerdings in überschaubaren Grenzen hält. Wie viele Marketingentscheider und Kommunikationsexperten kennen Sie, die nicht unter Druck stehen? Zeitdruck, Erfolgsdruck, Konkurrenzdruck, Work-Life-Balance-Druck ... Keine optimalen Rahmenbedingungen, um sich intensiv mit einem solch komplexen und weiter wachsendem Themenfeld wie Neuromarketing zu beschäftigen.
So schillernd unsere Denkzentrale ist, um dem Chaos Struktur abzuringen, bevorzugt das Gehirn einfache Lösungen. Beispielsweise die, dass Neuromarketing nur einer von vielen Trends ist. Eine weit verbreitete Meinung, die der Realität allerdings nicht standhält. Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften sind kein Modetrend, der kurz aufblüht, um dem nächsten Hype zu weichen, sondern eine noch junge Disziplin, die neue Grundlagen für das Verständnis des Menschen als Individuum und soziales Wesen schafft. Vor diesem Hintergrund auch unverzichtbares Wissen für Zielgruppenansprache und Marktforschung.
Fürs Abendstudium zu Hause, als Wochenend- oder Reiselektüre empfehlen sich mittlerweile viele erhellende Sachbücher* und jetzt auch ein kompaktes Werk, das sich explizit an Einsteiger wendet – sein Titel „Neuromarketing for Dummies“, seine Autoren: ein Neurowissenschaftler und zwei Neuromarketingexperten der ersten Stunde.
Ihr Gemeinschaftswerk deckt das gesamte Spektrum des Neuromarketings in Grundzügen ab. Geschrieben mit der Orientierung an thematischen Laien – klar strukturiert und in lernfreundlichen Lesehappen dosiert. Der brandneue Kompaktkurs ist bisher nur auf Englisch erschienen, doch der einfache und klare Sprachstil relativiert diese Hürde.
Den Leser erwarten 379 Seiten Wissenstransfer, u.a. mit folgenden Dachthemen: der intuitive Konsumenten, die Rolle der Emotionen, die Bedeutung der Hirnforschung für das Marketing und die verschiedenen Instrumente des Marketingmix, wissenschaftliche Methoden und Apparate im Dienste der Zielgruppen- und Marktforschung, Ethik und Moral.
Ihre grundsätzliche Haltung zu den Manipulationsvorwürfen Richtung Neuromarketing formulieren die Autoren schon zu Beginn des Buches: „So, if you believe that influencing brains is a bad thing, then, in our opinion, you complaint is with marketing, not with neuromarketing.“
Literaturtipp: Neuromarketing for Dummies by Stephen J. Genco, Andrew P. Pohlmann, Peter Steidel. Making Everything Easer! John Wiley & Sons Canada, Ltd. 2013.
Weiterführende Infos
http://www.multisense.net/praxis/literatur/