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Der Haptik-Effekt-Blog
von Touchmore

Künstliche Hände: Dem Fingerspitzengefühl auf der Spur

Ersatz-Hände, gesteuert von Gedanken

Künstliche Hände: Fingerspitzengefühl ©stapag

Die Hände sind immer im Spiel. Tagtäglich ergreifen und handhaben wir Dinge, prüfen die haptischen Qualitäten eines Produktes, spendieren Streicheleinheiten oder einen Klaps, signalisieren unsere Meinung mit Daumen hoch oder runter ...

Gemeinsamer Nenner: Ob Berührung zum Vergnügen, funktionsorientierte Bewegung oder symbolische Geste – die entsprechenden haptischen Muster sind tief in uns verankert und werden zum Großteil bereits in der Kindheit unbewusst gespeichert.

Die haptischen Talente werden uns zwar schon in die Wiege gelegt, doch sie müssen auch trainiert werden. Der so genannte Autotelic Touch, die Berührung zum Vergnügen, entwickelt sich zuerst. Typisches Erbe: die lebenslange Vorliebe für warme, zarte, kuschelige Berührungen – der mit ihnen verlinkte Code: Nähe, Vertrauen, Geborgenheit.

Neuronengefunkel vs. Computerlogik

Eine größere Herausforderung birgt die Fertigkeit des funktionellen Berührens, die sich ab dem achten, neunten Monat ausbildet. Wie der Hirnforscher José del R. Millán von der Universität Lausanne erläutert, brauchen Babys Monate, bis sie die Steuerung der Hand gelernt und sich die entsprechenden Muster im haptischen Kortex eingeprägt haben.

Unterm Hirnscanner zeigt sich, wie komplex und vernetzt dieses neuronale System reagiert. Auch bei derselben motorischen Aktivität, z.B. einen Knautschball umfassen und drücken, sind die ausgelösten elektrischen Impulse immer ein bisschen anders.

Eines von zahllosen Beispielen, dass die Verarbeitungs- und Steuerungszentrale Gehirn nicht wie ein Computer im Schwarzweiß-Modus 1-0 funktioniert.

Künstliche Hände: Dem Fingerspitzengefühl auf der Spur

Erfassen, begreifen, handhaben, behalten – die Hand ist unser primäres Werkzeug, um Materie zu manipulieren und die Umwelt zu beeinflussen. In diesem virtuosen Instrument mit seinen komplexen Bewegungsfähigkeiten stecken rund 3.5 Milliarden Jahre Entwicklung. Anatomisch betrachtet spielen in der Hand 27 Knochen – rund ein Viertel all unserer Knochen  – und eine höchst komplexe Muskulatur mit 33 Akteuren zusammen.

Vor dem Hintergrund der existenziellen Funktionen der Haptik versuchten Menschen schon vor Jahrhunderten, den Verlust einer Hand zu ersetzen. Was laut Geschichtsforschung mit simplen Haken begann, entwickelte sich weiter über Greifwerkzeuge bis zu den heutigen künstlichen Händen und High-Tech-Prothesen, mit denen die Forscher dem Fingerspitzengefühl auf der Spur sind.

Ihr großer Vorteil: Die Muskeln im Amputationsstumpf werden mit Mini-Sensoren bestückt, die selbst minimale elektrische Spannungen registrieren, verstärken und an die Elektromotoren in der Prothese weiterfunken. So kann der Träger zumindest das Öffnen und Schließen der künstlichen Hand selbst lenken.

Einen nächsten Durchbruch markiert die so genannte Fluidhand, entwickelt und konstruiert an der Universität Karlsruhe. Die innovative Handprothese wird hydraulisch gesteuert und erlaubt, jeden Finger einzeln zu bewegen und ermöglicht damit fünf verschiedene Griffarten.

Fernziel: Computer, die Gedanken lesen können

Höchst hilfreiche Fortschritte, doch auch die modernen künstlichen Hände sind noch weit von den Fähigkeiten einer gesunden Hand entfernt.

Darum konzentrieren sich die Forscher jetzt darauf, via Sensoren eine direkte Verbindung zwischen den Nervenenden des Stumpfes und der künstlichen Hand herzustellen. Das Fernziel ist allerdings noch ambitionierter.

Bei Querschnittsgelähmten stellen auch die Nervenimpulse in den Gliedmaßen ihre Arbeit ein. Vor dem Hintergrund, dass reale Bewegungen die gleichen haptischen Muster aktivieren wie ihre Imagination, wird daran gearbeitet, Prothesen über Gedanken zu steuern. Ein Projekt, in das sich derzeit bereits über 100 Forschungslabore vertiefen.

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt beispielsweise die Universität Lausanne. Probanden werden mittels Elektrodenkappen direkt mit dem Computer verbunden und führen einfache Bewegungen aus, wie z.B. einen Balken auf dem Bildschirm nach oben oder unten schieben.

Für das Hirn ein Kinderspiel,
für den Computer eine langwierige Lernaufgabe

Die dabei registrierten Unterschiede in den Aktivitäten der elektrischen Impulse sind für das Hirn ein Kinderspiel, doch für den Computer eine langwierige Lernaufgabe – bei jeder einzelnen Bewegungsart.

Dass der Einsatz die Mühen lohnt, steht außer Frage. Zukünftig sollen Patienten laut Millán lernen, die so genannte Exo-Skelett-Hand wie „ihre natürliche Hand mit Gedankenkraft zu steuern“.

Bei allem Engagement und Optimismus bleiben die Wissenschaftler allerdings auf dem Teppich. Wie in dem erhellenden Video auf Spiegel.Online resümiert wird: „... die Forscher wissen aber auch, es wird nahezu unmöglich sein, alle komplexen Steuerungsmöglichkeiten, zu denen das menschliche Hirn fähig ist, auch nur annähernd technisch nachzustellen.“

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